the donkey bridge

06. Januar 2012

2012 – das Jahr der Eselsbrücke – the year of the mnemonics

Die Dohle ist vom deutschen Naturschutzbund zum Vogel des Jahres gewählt worden. Der zu diesem Rabenvogel passende Wein ist nicht etwa der Dôle, sondern der Aigle, denn der mineralische Weißwein ist nach dem Vogel benannt, der in Italien nicht etwa Anguilla heisst (das wäre ja ein Aal), sondern Aquila. Nach dem Adler ist auch ein Ort in den Abruzzen benannt, der 2009 von einem Erdbeben der Stärke 5,8 erschüttert worden ist, bei dem 308 Menschen starben und 67.000 obdachlos wurden und über 15.000 Gebäude zerstört wurden, darunter der Ponte d‘ Asino, der nach Berlusconis Besuch der Unglücksstelle vom Volksmund nur noch Ponte Ladrino (Diebesbrücke) genannt wird.

Wäre Thomas Manns Zauberberg nicht im Graubünden, sondern im Wallis angesiedelt gewesen, in Montana oder Crans beispielsweise, wäre die Dohle womöglich auch literarisch näher zum Adler gerückt, als sie heute ist. Dohlen sind verspielte Feinschmecker, intelligent und verfügen über ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen. Deshalb leben sie monogam und sind vom Aussterben bedroht. Eine Leibspeise der Dohle ist die Eidechse (französisch lézard, ausgesprochen wie „Lesart“, also Verständnis- oder Standpunktfrage), wenn sie ihre Nahrung nicht vom Teller eines schwindsüchtigen Patienten aus einem Sanatorium stibitzt. Deshalb ziert die Etikette des Agiles eine Lucertola, die gesellige Orte mit Licht, Sonne, Wein und Wonne mag, ein Lounge Lizard.

Als Eselsbrücke wird in der deutschen Sprache eine Gedächtnishilfe genannt, mit welcher Dinge miteinander in Beziehung gesetzt werden, die in keinem offensichtlichen Zusammenhang stehen, aber durch die assoziative Verbindung Erinnerungen verankern. Denn der schlaue Esel trippelt sicher über Stiege und Pfade, auf denen dem Hasenfuss schwindlig wird, bloss, um trockenen Hufes über das Wasser zu gelangen, von dem er nicht weiss, wie tief es ist. Nie würde ein Esel freiwillig durch einen Bach waten, weshalb man seit Menschengedenken Brücken für ihn baut. Nach dieser Lesart ist der pons asinorum nicht nur eine Versicherung, sondern auch eine Startrampe für fliegende Assoziationen und Erinnerungen. Nichts von Bedeutung für Dohlen.

Château d’Aigle, Musée de l’Etiquette Contemporaine

hubschrauber für das gericht

21. Mai 2011

Berlin-Prag

Das vorläufige Basalgericht von Köln wird in Zukunft mit dem Hubschrauber zu den Aussenterminen fliegen.

Arbeitsüberlastung, chronischer Zeit- und Schlafmangel beeinträchtigen auch in der Justiz zunehmend Personal und Angeklagte. Um Alkohol- und Medikamentenmissbrauch zu vermindern, sowie Prozessabläufe zu beschleunigen werden im Rheinland demnächst die gerichtlichen Staustrecken mit Direktflügen überwunden.

Bei einem Verhör auf dem internationalen Vogelflughafen der Bundesrepublik Deutschland in Bonn äusserte sich Dr. Bernhard Lanik erfreut über die Mobilitätsinitiative, die von Oberverwaltungsinspektor Vanda Leberecht ins Spiel gebracht wurde. Zum Einsatz kommt der allwettertaugliche Puma SA 330 von Aérospatiale mit Wechselbesatzung, wie Delana Felcher notierte (links).

Bald mit Puma unterwegs

Bald mit Puma unterwegs

pionierprojekt

19. April 2011

ornithoport bonn

Wenn die Bundesrepublik Deutschland als Bauträger in Erscheinung tritt, geht es entweder sehr schnell oder es dauert lang und wird endlich gut.

Der Vogelflughafen auf dem Dach der Bundeskunsthalle in Bonn wird sofort gut, denn die jüngsten politischen Entscheidungen machen aus der Initiative ein Pionierprojekt. Beim gegenwärtigen politischen Richtungswechsel geht es um mehr als den Atomausstieg, zur Debatte steht das globale Mobilitätskonzept, die Ziele der europäischen Gemeinschaft und die Ressourcenfrage.

Dabei reichen die Hintergründe für das Projekt bis in die Ära Kohl zurück, als mit der Bundeskunsthalle ein Ort der Repräsentation geschaffen wurde, dem eine Bedeutung beigemessen worden war, die sie nie erreichen konnte. Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass sich das Ziel nun erfüllt, anders zwar als vom Bauherr gedacht, aber umso wirkungsvoller.

Die Funktion des Daches als Ausstellungsfläche ist problematisch, weil die Präsentation von Skulpturen teuer ist und immer Sicherheitsrisiken birgt. Dem Nutzungsprojekt für einen Vogelflughafen ging deshalb eine lange Diskussion über  Wahrscheinlichkeitsfragen und die Grenzen der künstlerischen Freiheit voraus.

Die Abklärung statischer Fragen und dynamischer Kräfteverhältnisse führte zu einer kunstgeschichtlichen Auseinandersetzung um das Jahr 1909, dem Berliner Secessionkonflikt zwischen den etablierten Impressionisten, wie dem damals 62-jährigen Max Liebermann und den nachfolgenden Expressionisten um Emil Nolde.

1909 war auch das Jahr der Flugpioniere – in Berlin wurde der Erstflug von Orville Wright gefeiert, kurze Zeit später der von Wilhelm Heinrich Focke mit seiner selbst entworfenen Ente. Focke war auch Künstler und Fussballstar, damals gerade halb so alt wie Liebermann, über dessen Pferdebilder dieser gesagt haben soll „nee mein lieber Focke, det kann ick nicht“.

Fliegen mochte Liebermann selber nie, aber er malte öfter aus der Vogelperspektive: „Wenn Gott gewollt hätte, dass ich fliegen könnte, hätte er mich nicht Maler, sondern Drache werden lassen.“

Gerade mal 18 war Max Ernst 1909, der spätere Mitbegründer der Dada Bewegung. Kunst aus der Vogelperspektive bedeutete für ihn, visionäre Fähigkeiten zu steigern, den Zufall zu objektivieren, den „Funken der Poesie springen lassen“ , wie er im Filmporträt von Peter Schamoni sagt.

Damit ist er wie Focke einem modernen Wirklichkeitsbegriff verbunden, der sie beide von den Impressionisten und Expressionisten unterscheidet. Beide sehen im Vogelmotiv weit mehr als Bildsujets und eignen sich daher als Namensstifter für den ersten Vogelflughafen der BRD – auch wenn die grosse Ausstellung zur Eröffnung des ornithoports im Rheinland jetzt Max Liebermann zeigt.

In der nächsten Ausbaustufe wird die offene Namensfrage geklärt und der Vogelflughafen nicht nur mit dem IATA 3-letter-code identifiziert, sondern einem der beiden Pioniere gewidmet werden.

ornithoport-bonn